Mittwoch, 15. Januar 2014

...die letzten Tage des alten Jahres,japanisches Silvester und mein erster Schreinbesuch!


Sooo...

Die Zeit verfliegt schon wieder vieeeel zu schnell, und unser einzigstes Mittel gegen den Flug der Zeit ist ständige Bewegung.
Denn Menschen und Momente sind keine Marmelade (die man verschließen und nach Japan schicken kann-- in diesem Sinne an alle die liebsten Menschen, die mir [Weihnachts-] päckchen geschickt haben nochmal ein fettes Danke und ´nen Knutscher auf die Stirn) und Wandel heißt ja auch nichts schlechtes.

Alsooo.

Ersteneinmal nochmal kurz etwas zum Kaiserpalast in Tokyo!
Okasan und ich- und im Hintergrund die steinerne Brücke + Kaiserpalast (das Weiße über meinem Kopf)
Der Kaiserhof wurde mit dem Beginn der Meiji-Restauration (round about 1870) von Kyoto nach Tokyo verlegt. Ab 1869 wurde die Burg der feste Sitz des Kaisers. Damit wurde auch das damalige Edo in Tokei umbenannt, was östliche Hauptstadt bedeutet.
Die Burg hieß erst Tokei-jo, Burg der östlichen Hauptstadt, heute wird die Residenz des Tennos Kokyo genannt.
Der Palast ist nicht zugänglich, beziehungsweise nur 2x im Jahr besteht die Möglichkeit, die kaiserliche Residenz zu bewundern. Einmal am 23. Dezember, zum Geburtstag des Tennos und einmal am 2. Januar, weil das Neujahr für die Japaner sehr wichtig ist.
In diesen Fällen ist neben dem eigentlichen Sehenswerten, dem Kokyo an sich, der Weg zum Palast meiner Meinung nach aufregend genug. :D



In dem Foto könnt ihr die Nijubashi, die eiserne Brücke, und den Kaiserpalast sehen. (Und nebenbei Okasan)
Man kann nur über diese Brücke zum Kokyo gelangen. 
Und zu dieser Brücke wiederum kann man nur über die steinerne Zweibogen- Brücke gelangen, die ihr in dem ersten Bild sehen könnt. Das heißt, man läuft von dort, wo Okasan in dem zweiten Bild steht, von rechts nach links über die steinerne Brücke, passiert ein Tor, das von der kaiserlichen Palastpolizei persönlich das ganze Jahr lang überwacht wird, und läuft dann von links nach rechts über die Nijubashi zum Kaiserpalast. Genial oder?

Und aus welchem genialen Gehirn stammte diese Idee? Die Idee hatte ein Deutscher, genau genommen Wilhelm Heise. Er konstruierte die Nijubashi und bekam von der japanischen Regierung sogar einen Orden dafür.


Diese Statue steht am östlich vor dem frei zugänglichen Park des Kaiserpalastes und stellt Kusunoki Masashige dar. Er war ein bedeutener Samurai, der sich für seinen Kaiser in voller Loyalität opferte und aktive gegen die größenwahnsinnigen Shogune kämpfte.
Er kämpfte mit sehr klugen Taktiken und überlistete seine Gegner stets mit Fallen.
Heute ist er ein Nationalheld und sogar Schutzparton der Kamikaze- Piloten.

Wir haben am 21.Dezember nach einer Woche Winter/ Weihnachtsferien noch einmal Schule gehabt, wo eine Abschluss- Sayonara-Zeremonie abgehalten wurde. Danach haben sich noch einige aus meiner Klasse (eigentlich alle, die nicht mit Clubaktivität eingebunden waren :)) mit mir geblieben und dann haben wir eine Wichtelparty zelebriert. Meine kleinen Japaner haben es geliebt und wir hatten ziemlich viel Spaß zusammen.

...Wichteln geht eben NUR MIT Weihnachtsmütze! :)


..Dann überrasche ich euch mal damit, was ich am Heiligabend, dem 24. Dezember gemacht habe.
Ich war bei einem Basketballspiel von Souleymane und habe ihn und meine Schule kräftig angefeuert!
Teambesprechung...
Der Mann ganz links mit der braunen Hose (ja, der kleine) ist der Coach, total süßer, knuddeliger Mann♥
Wären Deutsche Japaner würdet ihr jetzt euren Kopf ein wenig schräg legen und "EEEEEEEE, nandaaa??" sagen :D

Am 24. Dezember hat der Basketball Wintercup begonnen und es wurde um Japan´s N°1 Team gespielt (Schulmannschaften)
Dabei haben sich die jeweiligen Prefektur- Gewinnermannschaften  in Tokyo getroffen und um den Sieg gekämpft. 
Ich feuerte also an fast allen Tagen zusammen mit Souleymane´s Gastfamilie (= meine Japanischlehrerin) an und im Viertelfinale verloren "wir" dann am 27.. 

Am 27.12., nach dem letzten Spiel, was die Jungs zusammen angetreten sind...
Nach diesem Spiel heißt war es vorbei mit dem Team, ab da hieß es Pauken für die Uni-Test´s.
Ich bin trotzdem mega stolz auf unsere Basketballer, das haben sie echt 1 A Spitze und mit Sahne oben drauf gemacht.

Der Wintercup fand ja immer mitten in Tokyo in diesem genialen Gebäude statt und so war ich ziemlich oft vor oder nach den Spielen noch in Tokyo unterwegs, zog durch die Straßen und traf meine Japaner.
Kinuka, Darcy, Mami, Oka und ich ♥

Otosan überreicht mir mein Weihnachtsgeschenk- Handschuhe!
Am 24. haben wir dann Abends trotzdem eine kleine Bescherung gefeiert- Mit Geschenken für Otosan, Okasan & Hiro, Geschenke von all den Weihnachtspäckchen und ich bekam von meinen Gasteltern auch ein Geschenk! :)

Das Weihnachtsessen bei uns-
Okasan hat extra kleine Würsten gekauft *-*
...Und der Geburtstagskuchen im Hintergrund- Happy Birthday, Jesus! 

In Japan gibt es an Weihnachten eine Tradition, die mich ein wenig erstaunt hat.
Diese Tradition ist, dass sie Abends einen Kuchen essen
Ich kenne Kuchen essen an Weihnachten überhaupt nicht
Meine deutsche Familie ist eigentlich eine totale Kuchenfamilie, aber an Weihnachten gibt es soooo viel Essen zum Mittag und Abendbrot, dass Jedermann vor lauter Essen gar nichts anderes mehr sieht... - Deswegen hat wirklich niemand Lust auf Kuchen. Als ich das erzählt habe, waren die Japaner ganz erstaunt. :D 

Am 25. Dezember organisierten Okasan und ich dann eine kleine süße Weihnachtsparty
Santa Baby, hurry down the chimney tonight!
Wir kauften eine kleine Minigans und machten selber Pizza und dann kam eine Freundin von Okasan (Koisumi) mit ihren beiden Töchtern Kaeri und Sakurako vorbei. 
Wir unterhielten uns erst über Stöckchen und Hölzchen während wir aßen und dann spielten wir Spiele- Twister, Allgemeinwissen-Wahrheit-oder-Lüge-Quizfragen, Maru to Batsu ...etc... es war ein echt gemütlicher Abend. 
Twister... wo mich Kaeri einfach eiskalt abgehangen hat, keine Chance :D

Die Tage nach den Spielen verbrachte ich dann mit Oyunja.
Ihre mongolische Familie besuchte sie eine Woche in Tokyo und sie wollte mich ihnen unbedingt vorstellen. Es waren zwei wunderbare, perfekte Tage.
Tokyo sightseeing mit Oyunja´s Eltern
Einen Tag verbrachten wir zusammen in Tokyo und zeigten ihnen, was wir an Tokyo so sehr lieben und einen Tag verbrachten wir im Kodomo-no-kuni. (こどもの国) Das heißt übersetzt so viel wie Land der Kinder und genau das ist es auch.
Oyunja & ich im Kodomo-no-Kuni

Das ist ein ungefähr 4 km² großer National- (??) park. Es gibt kleine Achterbahnen, eine kleine Ranch mit Pferden zum Reiten, eine Kuhfarm von dessen Kühen man dann das leckerste Softeis (was ich je gegessen habe) essen kann, ganz viele Spielplätze und Wiesen und ein Freibad.
YEAH, Cool Kids!♥
Und dieses Freibad ist im Winter eine Eislaufbahn...


...Mein Knie nach 4 Stunden Eislaufen mit Oyunja... :D

Mit Oyunja´s Familie konnte ich mich praktisch gar nicht unterhalten- Sie können nur mongolisch sprechen und genau diese Sprache beherrsche ich nicht, bis auf Danke, Bitte, Hallo, Tschüss und Ich liebe dich, was mir Oyunja beigebracht hat :D

Trotzdem waren die zwei Tage total toll- ihr kleiner Bruder und ich verstanden uns super und mit ihm und im Kodomo-no-kuni konnte ich das Kind in mir mal wieder entdecken- und das klappt auch super ohne Worte. 
Ich habe ein Ponyreiten beim Tombola gewonnen...
Und mein kleiner 2-Tage-lang-Bruder hat mich so lange abgekitzelt, bis ich ihm das Ticket gegeben habe... :D Und dann hatte er mega Angst auf dem Pferd und war sauer als ich über ihn gelacht habe- ... Er hat mich sogar Enna gennannt- das mongolische Wort für große Schwester♥♥♥ 
Und das war ein ziemlich beeindruckendes Erlebnis für mich- obwohl ich praktisch gar nicht mit Oyunja´s Eltern geredet hatte, waren sie mir sehr sympathisch- und ich ihnen auch.
Es ist unbegreiflich, dass man, um eine Beziehung aufzubauen, gar keine Sprache benötigt. Gesten, Handlungen und Lächeln genügen. Ich finde das echt faszinierend. Auch der Fakt, dass man schon im ersten Moment spürt, ob Jemand einem sympathisch ist- nur ein Blick. Wie sensibel wir Menschen nicht doch sind.

Das Kodomo-no-kuni bietet oft auch Aktionen für Eltern und Kinder an und so fertigten wir "Kinder" (Oyunja und ich) mit unseren "Eltern" (Okasan& Otosan) für den Jahreswechsel Kadomatsu an. 
Oyunja mit ihrem fertigen Kadomatsu
Das ist eine Art Blumengesteck bestehend aus Bambus und Kiefernzweigen
Die Japaner platzieren das Blumengesteck (immer im Paar vorhanden) ein paar Wochen vor dem Jahreswechsel an beiden Seiten des Hauseinganges

Das machen allerdings nicht alle Japaner. Das liegt daran, dass der heutige gelebte Shintoismus hier in Japan sehr locker ist- Selbst wenn man gläubig ist, heißt das nicht, dass man jeden Monat einen Schrein besucht. Otosan erklärte mir, dass es aber einen guten Eindruck macht, Kadomatsu zu haben.
Trotzdem wird diese traditionelle Dekoration vor dem Jahreswechsel in verschiedenen Größen vor jedem Geschäft und Kaufhauseingang zu finden sein.

Und da gilt bei den Japanern: Je größer, desto spektakulärer, desto schöner, desto mehr "Sugoooi" (Krass). (Vielleicht ist das eine Art Minderwertigkeitsvertuschung- weil die Japaner so klein sind, lieben sie große Sachen. So sind zum Beispiel große Japaner immer die erfolgreichsten Geschäftsmänner (zumindestens zu 95%) und den Fuji-san verehren wirklich alle Japaner.)
Otosan, Oyuka und ich beim Sägen der Bambussprossen
Der eigentliche Sinn des Kadomatsu ist es, die neuen (und alten) Jahresgötter zu rufen. (ähnlich wie bei dem Tsukimi- (Vollmond) Fest im September, da haben wir drei Tage vor dem Fest Dango zubereitet und sie als Opfergabe hübsch dekoriert auf unserem Wohnzimmertisch bereitgestellt. Am eigentlichen Tsukimi- Tag haben wir dann neues Dango zubereitet.) 
Es werden drei unterschiedlich große Bambussprossen benutzt, wobei jeder Sprossen seine eigene wunderbare Bedeutung hat. 
Der längste Sprosse steht für den Himmel, und die beiden gleichgroßen Sprossen stehen für Humanität (Fairness, Friede) und für die Erde, den Boden, den Grund des Lebens. 
Zusammen bilden die beiden den Grund des Lebens und alles wird getoppt durch den Himmel.
Ich finde das schon wieder klasse, Japan und die vielen Bedeutungen der Kanji´s und solchen simplen Zusammenstellungen. Das ist Japan, das ist der Grund warum ich dieses Land und deren Kultur liebe

Die Kiefernzweige symbolizieren langes Leben und die kleinen Blüten des Ume-Baumes (japanischer Aprikosenbaum) stehen für Wohlstand und Standhaftigkeit
Der letzte Feinschliff...
Ich arrangiere die Ume-blüten an meinem Kadomatsu
Diese Elemente werden mit einem dicken Band aus gepflochtenem Stroh straff und unbedingt fest zusammengebunden.
Das Kadomatsu...
Und dann war es soweit, der Jahreswechsel stand bevor.

Am 31. sind alle Japaner in ihrem Haus und machen einen unglaublich riesigen Hausputz. Auch das finde ich eine schöne Art und Weise um in ein neues Jahr zu starten- mit wohlgeputzten, sauberen vier Wänden. Und sauber machen reinigt ja bekanntlich das Gedächtnis auch mit.

Wir hatten zwei Häuser zum Putzen, da Ojiisan und Obachan (Oma+ Opa) es nicht mehr alleine schaffen, das Haus zu putzen- also Arbeitsteilung, die letzten Kleinigkeiten putzten Otosan und Hiro in unserem Haus und Okasan und ich packten bei Ojiisan und Obachan an.

In dem Punkt merkt man mal wieder, dass Japan dann doch noch ein wenig altmodisch ist- Putzen ist immernoch eher Frauensache...
Mhhhmmm, lecker, Sukiyaki! 
Abends saßen wir bei Sukiyaki mit Ojiisan, Obachan und meiner Cousine Miki zusammen und unterhielten uns.
Gegen 10 Uhr fuhren wir dann mit Ojiisan und Obachan zu deren Haus und verbrachten die letzten Stunden des alten Jahres mit Origami und UNO.
Wárten auf Mitternachtmit Obachan :)
Um 24 Uhr verfolgten wir dann den offiziellen Neujahresgong im Tokyoer Schrein und sahen dann im Fernsehen auch das Feuerwerk in Tokyo.

Auf den großen Festmeilen im "westlichem Stil" gibt es Feuerwerk, im Rest von Japan nicht
Die Japaner liegen ihren Augenmerk nicht wie wir Westler auf den direkten Jahreswechsel, also 24 Uhr, sondern auf die ersten Tage des neuen Jahres

So verbrachten Miki und ich die ersten Stunden des neuen Jahres mit Miki´s Englischhausaufgaben :D

Am 1. Januar besuchte ich das erste Mal einen Schrein und betete für das neue Jahr. Dieses Ritual, in den ersten drei Januartagen zu einem Schrein zu gehen und zu beten, nennt man Hatsumode.

Neben dem Schreinbesuch ist es eine Tradition,
dass diese glücksbringenden Drachen von Shop zu Shop ziehen und in jedem Shop ein Lied singen
bzw. auf einer Flöte spielen und dazu tanzen.
Ich habe den inneren Bereich des Schreines nicht gesehen. In japanischen Schreinen gibt es eine gewisse Heiligkeitsreihenfolge, das heißt, Schreine sind meistens in Abschnitte eingeteilt.
Es gibt einen offenen Abschnitt, den jeder sehen kann und wo auch Jedermann beten kann, doch den heiligen Innenraum des Schreines ist für die meisten Menschen (auch Japaner) unzugänglich.
Als Schrein wird auch nicht nur alleine das Schreingebäude bezeichnet, sondern das gesamte Areal des Schreines, vom Torii (Eingangstor des Schreines) bis hin zu der heiligen Zeremoniehalle.
Das Torii zum Tsukushinoer Schrein
Das Beten ist im Shintoismus ein wenig anders als ich es gewohnt bin. Es wird im Schrein gebetet und es gibt ein bestimmtes Begrüßungsritual und einen Ablauf des Gebets. (Nicht so wie Christen- die können ja praktisch überall und in jeder Situation losbeten, doch im Shintoismus beten die meisten Menschen (mit Ausnahme von Momenten wie vor & nach dem Essen und extrem gläubige, die sich Zuhause einen kleinen Mini-schrein in ihrem Tatami- Zimmer eingerichtet haben.)
Jeder Schrein ist prinzipiell ein wenig höher gelegt, das heißt man muss eine kleine Treppe hinaufsteigen. Vor dieser Treppe (im Normalfall, steht aber auch oft in der Umgebung des Toriis) ist ein kleiner marmorner Brunnen. 
So sieht der kleine "Brunnen" im Schrein in Tsukushino aus.
Bei diesem Brunnen reinigt man zuerst seine Hände, (Mit den Holzkellen wird Wasser geschöpft) in dem man das Wasser über seine Hände gießt und sie reibt und zum Schluss nimmt man auch zum Ausspülen des Mundes einen Schluck Wasser. 
Dann sucht man sich als eine 5-Yen Münze (das ist die "goldene" Münze mit einem Loch in der Mitte) und geht die kleine Treppe zu dem Schrein hoch. 

Dort steht ein großes Gefäß direkt in der Mitte und in dieses wirft man das Geld hinein. Danach rüttelt man kräftig an dem Strang der vor dem Gefäß hängt. Befestigt ist dieser Strang an einer Art Kuhglocke, die mit dem Rütteln an dem Seil schellt
Anschließend verbeugt man sich zweimal
Als nächstes klatscht man zweimal in die Hände, (die Hände sind dabei in Brusthöhe, bzw. zwischen Brust und Hals, es ist wichtig, dass man beim Beten gerade steht und sich nicht irgendwie hängen lässt) nach dem zweiten Klatschen bleiben die Hände zusammengepresst. Man schließt die Augen und betet nun. Nach dem Gebet wird sich erneut verbeugt und dann geht man wieder.
Vor dem Tsukushino Schrein
 We shrined up! :D

Nach dem Schreinbesuch kam auch Miki´s Familie zu uns und wir aßen zusammen Mittag, guckten uns den Film Totoro Totoro- Youtube Trailer an und erzählten.